Samstag, 31. August 2013

98. PARU-TOVIAN






Das war Villa Gesell im Jahr 1960. Unser Häuschen hatten wir zu Silvester 1958  eingeweiht, obwohl noch die große Scheibe des Wohnzimmers fehlte, denn damals mussten  die meisten Bauteile aus Buenos-Aires gebracht werden.  Die erste Scheibe war zu klein geschnitten worden, die zweite zerbrach während des Transportes und die dritte, die Mitte Januar ankam, hatte eine  Luftblase mitten im Glas, aber sie passte und wir behielten sie. Sie hat dann auch bis heute gehalten.

Ein Handwerker im Dorf hatte uns ein schönes Namensschild geschnitzt, und es prangte im Garten vor dem Haus mitten in „uña de gato“, einem Fettgewächs, was im Sand gedieh, denn an Gras war noch nicht zu denken. 

Der Name „PARU-TOVIAN“  gab den Vorbeikommenden Anlass zu den wildesten Spekulationen, wir hörten sie teilweise, was das wohl bedeuten könnte. Die einen meinten, es sei ein Indio-Häuptling gewesen, andere glaubten, das müsse etwas mit Mythologie zu tun haben. Dabei war die Lösung des Rätsels viel einfacher. Es waren die Silben unserer Vornamen, PARU für Paul und Ruth, TOVIAN für Thomas, Vicky, Andreas.

Der Garten sah noch recht kahl und dürftig aus. Zwei kleine Kiefern  kämpften ums Überleben, die später so großen Eichen waren noch winzige Ableger, die an einem windgeschützten Plätzchen zusammen standen und erst einmal Wurzeln treiben sollten. Dazu waren sie von Schwager Fritz in einen Klumpen schwarze Erde gesetzt und mit Teerpappe umwickelt worden. Dieses Verfahren hatte auch Don Carlos bei der Aufforstung mit gutem Erfolg benutzt.  Dabei löste sich die Teerpappe nach und nach im Boden auf und die kleine Pflanze hatte dann bereits genügend Kraft und Wurzeln, um in dem sandigen Boden weiter gedeihen zu können. 

Ich habe alle Bäumchen und Büsche bestens betreut und bin hinter so manchem Pferd hergelaufen, um die Pferdeäpfel  für meinen Garten zu sammeln, die mit Wasser vermischt ein fabelhafter Dünger waren und die Pflanzen auch für die strengen Winter warm und geschützt hielten. Unsere Straße 308 führte 200m weit in direkter Linie zum Strand, und sie  war gesäumt von großen Akazienbüschen, die im August so herrlich leuchtend gelb blühten. 

Unserem Häuschen gegenüber, also auf der anderen Straßenseite, dehnten sich die Dünen und Sandflächen nach Norden, denn damals hieß es, dass die Urbanisierung und Aufforstung hier aufhören sollten. Villa Gesell war hier zu Ende, so wurde behauptet. Für alle Kinder ein ideales Spielfeld, wo man auch immer wieder Muscheln jedweder Größe fand und sich auch so gut zwischen den Dünen verstecken konnte. 

Wir hatten einen direkten Nachbarn, der im gleichen Jahr wie wir gebaut hatte, auf dem Strand selbst war zwei Jahre zuvor ein großes Chalet  errichtet worden, dessen Vorderfront jedes Jahr nach den Winterstürmen aus den Wanderdünen frei geschaufelt werden musste, und ein kleines Häuschen  stand auch bereits  mitten im Sand. Das war aber auch alles. 

Es war die Zeit, wo man ohne alles zu verriegeln und verrammeln an den Strand ging, in Ruhe badete, im Schatten  eines Tamarindenbusches faul und träge im Sand lag und den lieben Gott unbesorgt einen guten Mann sein ließ.

Ein Bauer kam mit seinem Pferdekarren regelmäßig aus Madariaga oder Juancho und versorgte uns mit frischem Obst und Gemüse, ein anderer Pferdekarren brachte in einem kleinen Brennstofftank das zum Heizen und Kochen benötigte Kerosin, und das war immer ein besonderer Tag für die Kinder, denn sie durften auf dem Tank sitzend eine Strecke mitfahren und amüsierten sich königlich dabei. 

Es waren wunderschöne Ferien, die wir dort Jahr für Jahr, im Sommer wie im Winter, verbrachten. Und als  sich zu den Kindern die Enkelkinder gesellten, kamen die wiederum mit großer Begeisterung nach Villa Gesell. Auch sie verlebten eine noch unbeschwerte Zeit, obwohl sich der Ort im Laufe der Jahre bereits  sehr vergrößert und verändert hatte.
Aber alle hingen doch sehr an PARU-TOVIAN  und waren traurig, als wir unser Häuschen 2001 verkauft haben.


Ruth H..        
Kindertreffen in PARU-TOVIAN

Donnerstag, 29. August 2013

97. Quads in Villa Gesell


Kürzlich hatte ich lieben, jungen Besuch aus Deutschland: 
Ferdinand, Bettina und die beiden 16- und 17-jährigen Söhne Caspar und Clemens.

Als Student ist Ferdinand schon einmal hier gewesen und mit einem „Qudriciclo“ (Quad) am Strand entlang und über die Dünen gefahren. Das Vergnügen wollte er nun seiner Familie auch bieten, aber dafür mussten sie bis nach Mar Azul fahren. Alle Verleihgeschäfte in Villa Gesell waren geschlossen.

Dass diese kleinen vierrädrigen Geländewagen in Deutschland „Quads“ heißen, habe ich auch gerade gelernt.

Natürlich war es für alle ein Erlebnis,  am kilometerlangen winterleeren Strand entlang zu rasen.

Im Sommer haben wir die lauten Dinger hier allerdings nicht so gern, vor allem nicht auf unseren Sandstraßen, die bei dem schnellen Kurvenfahren ziemlich ruiniert werden und bitten alle Touristen, sich an das Gebot zu halten, unsere Straßen zu schonen und die Mittagsruhe zu beachten.

Denn auch im Sommer gibt es an unserem Strand, abseits der belebten Strandstrecken mehr als genug Platz für diesen Spaß.

Rosemarie W.


Dienstag, 27. August 2013

96. Nicht die Kinder, die Väter waren das Problem...


Siehe Beitrag Nr. 92

Am Strand brauchten wir uns nicht zu ängstigen, dass unsere Kinder ins Wasser gingen.
Heidi meinte: “Das Wasser schreit!” Cali spielte im Sand solange er Schuhe anhatte.
Thomas rief: “Großes Wasser nein!”

Auf die wir aufpassen mussten, waren die Väter. Mein Bruder Paul und Freunde hatten mit alten Brettern und anderem Kram ein Floß gebaut und ließen sich vom Meer treiben.

Ruth, meine Schwägerin, und die Frauen der Freunde liefen am Strand hin und her, wie Hühner, die Enteneier ausgebrütet haben. Es entstand ein Menschenauflauf.

Die Polizei kam  und die kühnen Seefahrer waren im Nichts verschwunden.
Die Sache endete gut.  Weit ab wurden sie wieder an Land geschwemmt.

Die Seefahrer landeten im Polizeiamt, dort wunderten sich die Beamten, dass ein Arzt so leichtsinnig sein konnte!

Ja,  das waren noch Zeiten!... Heute segelt, planscht, surft man im Meer.... Motorboote fahren hinaus und wieder zurück, wachsame Rettungsschwimmer passen auf  und Helikopter und Flugzeuge bewachen den Strand.

Inge W.


Zeichnung: Gerda S.

Sonntag, 25. August 2013

95. Tai Chi


                                                                                   
 
Ausgangsstellung

Als wir vor vielen Jahren nach Villa Gesell zogen, suchte ich irgendeine Art Gymnastik für ältere Personen, ich war immerhin schon über 70. Ich ging zum „Gimnasio-Norte“  und fragte, was sie mir anbieten könnten. 

Sie hätten  gerade mit einem Tai Chi-Kursus angefangen, da könnte jeder und in jedem Alter  mitmachen. Ich hatte nie davon gehört und erkundigte mich genauer. 

Man erklärte mir, Tai Chi hätte sich aus einer  asiatischen  Kampfkunst entwickelt, setze aber keineswegs eine kämpferische Haltung voraus.  Leichte, bequeme Kleidung sei gut und die erste Stunde kostenlos.

Na, das war ja gerade das richtige: Kampfkunst, kämpferische Haltung!  Hm, probieren kann man ja mal!

Voller Spannung ging ich zur ersten Klasse. Außer mir waren noch vier andere Personen da, ich glaube, ich war die älteste.

Wir lernten zuerst die Tai Chi-Haltung:

Füße nicht ganz zusammen, Fußspitzen ein klein wenig  geöffnet, Knie ein wenig eingeknickt,  Hände  locker an den Seiten hängen lassen, Kopf und Schultern leicht nach vorn gebeugt. (Diese Haltung nehme ich noch heute ein, wenn ich ganz erschöpft bin, wie gut das tut!)  Das wusste ich damals noch nicht. 

Ich war nicht  ganz überzeugt, dass dies nun eine Gymnastik für mich ist.

Alles, was wir machten, waren leichte und lockere Bewegungen.  Ich kann nun nicht mehr den Ablauf der ersten Stunde wiedergeben.

Doch ging ich auch zur zweiten Stunde, zur dritten  und so weiter. Wir fünf blieben zusammen  und als  „Gimnasio-Norte“ schloss, machten wir auf dem Platz gegenüber vom Supermarkt  „Disco“ weiter.

Aus den einfachen Bewegungen  wurde langsam eine  “Form”, dazu gehörten 24 Schritte, die sich um einen Kreis drehten. Unser Lehrer nannte dieses: Vereinfachtes Tai Chi Chuan.  Es war immer der Abschluss der Klasse.

Ich fuhr mit meinem Fahrrad hin, die Hauptstraße  bergauf – bergab, und wenn ich ankam, war ich eigentlich schon kaputt. - Unser Lehrer kam, wir machten eine gute Stunde Tai Chi und dann  ging es mit dem Fahrrad zurück. Ach, wie leicht ging es dann bergauf und bergab, ich war voller Energie. Ich hätte Bäume ausreißen können!
                                                                          
                                    Das ist Tai Chi! 
                                                                   

Leider ist unser guter „profesor“ (Lehrer) nach Spanien ausgewandert und unsere nette Gruppe fiel auseinander. 

Gerda S.



Freitag, 23. August 2013

94. Der Ferienort Villa Gesell - 4


verdankt seine Existenz einem beharrlichen Utopisten

Aus : „Die Zeit“  1997      Nr.4

siehe Beitrag  Nr. 77,  Nr. 82  und Nr. 86

Rundum gibt es nichts. Einzig das Leuchtfeuer Faro Querandi ist aus dreißig Kilometer Entfernung über Meer und Strand zu sehen.

Zu Beginn der dreißiger Jahre muss er auf die Familie wie das letzte Zeichen der Zivilisation gewirkt haben. Denn der erste Aufenthalt wird zum Schock: Ein Sandsturm war über die Dünen gefegt, alles verrutscht, der Zuweg kaum passierbar, das Haus fast unter dem Sand begraben. Neben einem defekten Herd stellte ein Kalender das einzige Mobiliar dar.

 "Das also ist das versprochene Paradies!" soll die Ehefrau ausgerufen haben. Nichts von den Pflanzungen konnte man mehr erkennen. Die Pinien - im Sand verschwunden. Die Akazien - vom Winde verweht.

Don Carlos begreift, dass er sich intensiver mit dem Problem der Aufforstung vertraut machen muss. Die Hilfe kommt aus Deutschland in Gestalt eines Agraringenieurs, der schon an der Nordsee im Sand aufgeforstet hat. "Mit diesen Wanderdünen wird es ganz schwer werden", verkündet er nach dem ersten Besuch.

Tausende kleiner Bäume werden herangeschafft. Wieder sterben die Akazien sofort ab; nur wenige Pinien scheinen anzuwachsen. Neue Stürme bringen neue Rückschläge: Einzig Tamariskenbüsche erweisen sich als hinreichend widerstandsfähig in Sand und Salzluft. Immer mehr Geld, immer mehr Kraft versickert im Sand. Der Ingenieur, der am ständigen Scheitern beinahe verzweifelt, sieht schließlich keine Chance mehr, die Dünen zu bezwingen. Er kehrt nach Deutschland zurück.

Unterdessen verschlingt die Plantage so ungeheure Summen, dass der Konflikt zwischen Gesell und seinem Bruder immer größer wird. Auch die Ehefrau und die sechs Kinder beklagen sich darüber, dass Papa kaum Zeit mehr für sie habe. 1936 stellt die Familie dem widerspenstigen Patriarchen ein Ultimatum: Entweder muss er sein Projekt aufgeben - oder er wird sie und die Firma verlieren. Aber die Entscheidung ist schon lange gefallen: Carlos Gesell löst im Alter von 46 Jahren sämtliche Bande, lässt sich die Anteile an der Firma ausbezahlen und geht in sein Exil in den Dünen.

Karl Bodesheim, Agraringenieur aus Deutschland mit Gaucho

Befestigungsversuch der Wanderdünen

Mittwoch, 21. August 2013

93. Tante Lörchen und die Schwalbe


Siehe Beitrag Nr. 91

Vor vielen Jahren, 1937, als es Villa Gesell noch nicht gab, kam jeden Frühling ein kleiner Schwarm von Schwalben, um unter dem Wellblechdach des Hauses zu nisten, das nun schon lange unser Museum ist und damals noch allein inmitten der Wanderdünen stand. Im März sammelten sie sich dann zum Abflug nach Kalifornien.

Es muss etwa 20 Jahre später gewesen sein, wir wohnten da schon im großen Haus von Carlos Gesell, und Villa Gesell, mit seinen Bäumen um die Wette wachsend, sah fast schon so aussah, wie Alvaro De Benedetti es malte, da fand ich auf dem Weg vor unserm Haus drei Schwalben. Ich hob sie auf um sie zu begraben.

Seit Tagen wehte eisiger Südsturm, es war Winter. Wo kamen sie her?
Als ich sie in der Hand hielt merkte ich, dass eine noch lebte, so entkräftet, dass sie sich nicht mehr bewegen konnte. 
Ich brachte sie ins Haus und versuchte, sie in meinen Händen zu wärmen, aber sie brauchte Futter....

Ich brachte sie Tante Lörchen und ging auf Fliegenjagd im ganzen Haus. Damals gab es noch Stubenfliegen, sogar im Winter.

In Tante Lörchens Händen war die Schwalbe inzwischen zu sich gekommen, ich konnte ihr meine Beute in den Schnabel stecken und sie schluckte auch willig und wurde zusehends lebendiger.  Doch Fliegen fand ich keine mehr. 
Es gab ja aber andere Häuser!  Zuerst fing ich auch alle Fliegen im "Museum", wo damals die Verwaltung war und Milan Durbesic mit seiner Frau Poldi wohnte. 

Als unsere Schwalbe auch diese Fliegen eifrig geschluckt hatte, mußte ich einholen gehen: In der Avenida 5 zwischen 105 und 106 gab es einen Laden, wo es auch, wie ich wusste, reichlich Schwalbenfutter gab!  Alle dort jagten mit und wohl versehen für den Rest des Tages und den nächsten Morgen kam ich zurück.

Mit Tante Lörchen abwechselnd hielten wir unser Schwälbchen fest und warm zwischen unseren Händen und als es dunkel wurde tat ich sie in eine Schachtel in den Schrank.

Als am nächsten Morgen dann alle Fliegen verzehrt waren und die Sonne schon wärmte, öffnete ich das Fenster und die Hände und wir sahen zu, wie unser Schützling wie ein Pfeil in der Ferne verschwand.


Sonja T.





Montag, 19. August 2013

92. Mit dem Zug nach Villa Gesell - einmal und nicht wieder!


Siehe Beitrag Nr. 87

In einem der folgenden Jahre hatte ich die tolle Idee, mit dem Zug  nach Villa Gesell zu fahren. Fritz brachte uns zur Bahnstation Constitución. Die Zugreise hatte seine Vorteile, war für die Kinder eine Neuigkeit und sie konnten im Wagon  auch herumlaufen. 
Alles ging ganz gut bis zur Station  “Guido“, wo ein Teil des Zuges nach Mar del Plata weiterfuhr und wir mit dem anderen Teil Richtung „Madariaga“. 

Leider fuhr auch der Speisewagen nach Mar del Plata, und wir hatten keine Möglichkeit mehr, etwas was zu essen oder zu trinken. Bis dahin hatten die Kinder keinen Hunger und keinen Durst, aber jetzt waren sie müde und wollten Wasser. Ich hatte nicht vorgesorgt, nirgends konnte ich Wasser bekommen, sogar im Bad war kein Wasser mehr im Wasserhahn!

Die hungrigen und durstigen Reisenden kamen endlich in „Juancho“ an. Hier ging es dann per Bus weiter!

 Ich hatte eine Helferin Marlies, eine junge Deutsche, die seit einiger Zeit bei uns wohnte und mir mit den Kindern half. Ich bat sie, Sitzplätze im Omnibus nach Villa Gesell zu ergattern, während ich mich um die Koffer kümmerte. Vergebens! Also hatte ich stehend, den müden Cali auf dem Arm. Er schlief bald ein und wurde immer schwerer. Zum Glück saß ein junger Mann auf seinem Koffer und  bot mir seinen Kofferplatz an. 

Als wir uns Villa Gesell näherten, schrie er auf einmal ganz begeistert: “Ich werd´ verrückt, da sind ja wahrhaftig Dünen!“ Er war der zukünftige Fotograf und spätere Besitzer vom Restaurant “Pingüino”.

Als wir schließlich ankamen,  standen wir vor  abgeschlossener Tür!!  Mein Bruder hatte mit seiner  Familie hier im Haus seine Ferien verbracht. Im Zug schon war es mir als hätte ich sein Auto vorbeifahren gesehen.... 

Also wir standen wir nun durstig und hungrig vor einer verschlossenen Tür und die Schlüssel reisten mit meinem  Bruder nach Buenos Aires...
Ich musste schnell einen Ausweg finden, Bekannte waren nicht in der Nähe...., aber auf 50 Meter wurde ein neues Haus gebaut und da habe ich auch Hilfe bekommen. 

Der “carpintero” (Schreiner) hat dann  unsere Tür geöffnet, er musste sie richtig kaputt machen... wir konnten endlich ins Haus und uns erholen.  Auf dem Foto sieh man die kaputte Tür, Marlies und Heidi.

Ich habe mir da geschworen, nie wieder im Zug nach Villa Gesell zu fahren! 
Und  ich hatte auch  etwas dazu gelernt: Ich hatte danach  immer  Essen und Getränke mit dabei. 


Inge W.

Samstag, 17. August 2013

91. Tante Lörchen – über 100 Jahre Freude und Mittelpunkt der ganzen Familie


Laura Gastes Gesell war eine Schwester von Silvio Gesell und Tante von Carlos Gesell und wurde meistens Tante Lörchen genannt.

Sie  war in ihrer bescheidenen Art eine besonders anziehende und liebenswerte Persönlichkeit und  wurde von allen, die sie kannten, sehr geschätzt.

Einst war sie Lehrerin und lebte nach dem Tod ihres Mannes alleine in Honnef am Rhein. Um besser für seine Tante sorgen zu können, ließ Don Carlos sie  im hohen Alter von 83 Jahren 1953 nach Villa Gesell kommen.

Hier war ihre Nichte Sonja, die damals im Haus von Don Carlos und Dona Emilia lebte, eine treue und liebevolle Stütze für ihre alte Tante.

Alles ging gut, bis sie sich im Jahre 1966 die Hüfte brach. Ein entsprechender Transport in ein Krankenhaus war für Tante Lörchen damals nicht möglich. Hier gab es noch keine Klinik, nur einige Ärzte.  Dr. Corti übernahm es, dafür zu sorgen, dass im desinfizierten Zimmer von Tante Lörchen eine Operation vorgenommen wurde.

Sie kam zwar nicht wieder auf die Beine, aber lebte mit Hilfe von Dr. Cortis Wissen und der so gewissenhaften Pflege Sonjas noch 4 Jahre bis zu ihrem Tode im Alter von 100 Jahren!

Tante Lörchen war bis zuletzt in bester geistiger Verfassung und hat im Laufe der Jahre viel von ihrem Wissen, sei es von der großen Familie, die sie immer mit ihren Briefen in Verbindung hielt, sowie der erlebten Vergangenheit an Sonja weitergegeben.

Tante Lörchen wurde am 26.2.1971 als erste auf dem Villa Geseller Friedhof, den ihr Neffe Carlos Gesell auf ihren besonderen Wunsch hin stiftete, beigesetzt.  Es war auch der Wunsch aller hier und so gab es über 70 Blumengebinde und Kränze zu ihrer Beerdigung!


Wie hätte sie sich gefreut, sie im Leben zu bekommen! Jede Blüte einzeln!

Dietlinde T.





Donnerstag, 15. August 2013

90. Besuch des Leuchtturmes Querandí, 2012


 Oft komme ich nach Villa Gesell und diesmal möchten wir die Touristen-Tour zum Leuchtturm „Faro Querandí“ mitmachen.
Ein besonders großer Strand-Bus, mit dicken Rädern wartet auf uns, und wir sitzen an offenen Fenstern.

Die Fahrt geht durch ganz Villa Gesell auf der Hauptstraße, Avenida 3, Richtung Süden immer weiter bis Mar de las Pampas, durch den hübsch bewaldeten Strandort und dann senkrecht zum Meer. Es ist die allerletze Straße der Siedlung, die zum Strand führt.

Und dort ist der Strand genauso breit wie in Villa Gesell, aber wir fahren auf einer Art Strandpiste ca 150 m vom Wasser entfernt  Richtung Süden. Die Piste ist sogar mit einigen Pfählen und Schildern begrenzt, ein Hinweis nicht nur für die Touristen-Busse sondern auch für Privatwagen, die sich tatsächlich kilometerlang auf dem langen, einst so einsamen Strand tagsüber aufhalten.

Das ist ganz neu fuer mich: Die vielen tollen meist schwarzen Allradrautos, die mit aufgebauten Sonnenzelten,Tischen und Stühlen am Strand stehen. Andere haben auch mehrere Vierradmotos rundherum oder in der Nähe. Nun verstehe ich auch die „Fahrpiste“, auf der wir fahren. Ob in einigen Jahren auch Verkehrsampeln erscheinen werden??
Den Leuchtturm sieht man noch gar nicht, und wir sind schon ueber 20 Minuten unterwegs.

Die Fahrt ist schön, Dünen, Himmel, Meer und Strand, weit und breit vor uns, und hinter uns bleibt nur noch ein dunkler Schimmer von den letzten Häusern in der Ferne.
Das erinnert mich an die Strandspaziergänge vor etwa 40 Jahren....
Dann  sieht man auf einmal den Leuchtturm! Wir werden mit dem Bus auf einer Art „Parkplatz“ abgesetzt und können die Gegend zu Fuß besuchen.

Der ganze Bezirk ist waldig und eingezäunt, doch scheint alles ziemlich einsam und vergessen.
Den Leuchtturm selbst kann man nicht besuchen, es ist auch kein Aufpasser oder irgendeine Touristeninformation zu finden.
Und vielleicht ist gerade diese einsame Wildnis die faszinierende Attraktion hier.

Zum Glück ist die Gegend heute „Reserva Natural“, wie auch ein Schild mitteilt.
Darunter steht:
Estacione aquí, disfrute los medanos caminando
(Parken Sie hier, genießen Sie die Dünen zu Fuß!)

Und das sollten auch die Fahrer der vielen Vierradmotos beherzigen, die diese schöne naturbelassenen Einsamkeit leider oft sehr stören....

Veronica M.






Montag, 12. August 2013

89. Der Leuchtturm Querandí


Das schreibt „die Zeit“ 1997 im Beitrag Nr. 86 am Ende der Fortsetzungsreihe Nr. 3

„Der Ferienort Villa Gesell verdankt seine Existenz einem beharrlichen Utopisten“

........Rundum gibt es nichts. Einzig das Leuchtfeuer „Faro Querandi“ ist aus dreißig Kilometer Entfernung über Meer und Strand zu sehen.

Heute gilt der Leuchtturm als Touristenattraktion. Mit Mietpferden kann man ihn von Villa Gesell aus in einem Tagesritt erreichen. Gemächlich trotten die Pferde durch die Nachmittagshitze am Strand, und später, wenn es kühler wird, geht es im Trab durch die anbrandenden Wellen bis zum Leuchtturm, in dessen Innerem 278 Stufen zur Aussichtsplattform führen. Von dort bietet sich ein grandioser Blick über Dünenlandschaft, Meer und Pampa, denn der 56 Meter hohe Turm ist auf einem ebenso hohen Hügel postiert......

Das war 1997

Drei unserer „Singgruppe“ sind im Jahre 2003  nicht auf Pferden geritten, sondern mit einem abenteuerlich aussehenden Gefährt zum Leuchtturm Faro Querandí am Strand entlang gefahren. 
Die Fahrt ging durch mit Meerwasser gefüllten Niederungen, durch Sand und über kleine  Dünen hinweg zum Leuchtturm. 

Dort sind wir auch die 278 Stufen hinaufgeklettert bis zu einer ziemlich wackeligen und verrosteten kleinen Plattform, wo wir die herrliche Aussicht genießen konnten.
Kurze Zeit später wurde der Aufstieg wegen Renovierung geschlossen.

Rosemarie W.








Samstag, 10. August 2013

88. Die Akazien blühen!!!


Überall in unserem Ort leuchtet jetzt das Goldgelb der Akazien (acacias) und es sieht wunderschön aus.

Und es sind „echte“ Akazien , die auf unseren sandigen Böden blühen.
In Deutschland meint man im Volksmund mit „Akazien“ die Robinien, die mit den echten Akazien gar nicht einmal nahe verwandt sind.

Unsere Akazien hier sind Sträucher oder kleine Bäume, die im Winter keine Blätter abwerfen und gerade auf dem anspruchslosen Boden üppig wachsen. Nach der Blüte bilden sie kleine Hülsenfrüchte.

Ende August ist Villa Gesell ein gelbes Blütenmeer von Akazien und Mimosen.

Schon Olga S. erwähnt  im Beitrag Nr. 22 die Blütenpracht von Mimosen und Akazien, die auch einen feinen Duft verbreiten...


Rosemarie W.




Freitag, 9. August 2013

87. Ferienalltag früher....


Als wir zwei Frauen mit den vier kleinen Kindern in Villa Gesell unsere ersten Ferien machten, ging es immer schon vor 7 Uhr morgens los.
Erst wurde  Cali gestillt, dann wollten die andere ihre Milch, pausenlos gab es etwas zu tun. Wir waren in einer Sandwüste, weit und breit Dünen und Niederungen und  nichts als Sand.  Die kleine Inge war vier Jahre alt und kam auf die dollsten Einfälle.

An einem Tag waren beide Mädchen verschwunden. Heidi lief immer treu wie ein Hündchen hinter der Kusine her und nun waren sie weg, wir fanden sie nicht. Immer aufgeregter suchten wir herum, weit und breit sahen wir nichts, bis wir auf einmal ganz weit im Norden, in den Dünen zwei schwarze Pünktchen entdeckten, zwei kleine Ameisen, die eine Düne hinaufkrabbeln. Zum Glück sahen wir sie, aber von dem Moment an durften wir sie nicht mehr aus den Augen lassen. Mir läuft es noch kalt über den Rúcken wenn ich daran denke!



Inge hatte immer die wunderlichsten Ideen. Einmal hat sie das ganze Haus eingepudert, alles war weiss, alles wie verschneit. Als ich meine Schachtel mit Knöpfen nicht fand, es waren eine ganze Menge,  hatte sie alle im ganzen Haus verstreut, überall und wir suchten die Knöpfe, wie Ostereier zu Ostern!

Mittags waren auch die Mädchen immer müde, so bekamen sie ihr Essen und gingen ins Bett. Glaubt aber nicht, dass wir ausruhen konnten... Die Kleinen hielten uns auch sonst auf Trott. Wenn die kleine Doris protestierte, bekam sie ihren Schnuller mit Honig in den Mund gesteckt. Ich dachte, das ist eine gute Lösung für Cali. Ich kaufte einen Schnuller und beim ersten Schrei tauchte ich den Schnuller in Honig und Cali in den Mund. Aber der Schnuller flog sofort in hohem Bogen in die Luft und das Gebrüll danach war ohrenbetäubend! Also fingen wir bald an, die Kinder mit Milchbrei zu füttern.

Obendrein hatten wir das Problem mit dem Herd. Dafür musste man auch den Sprit anschleppen. Es war eine sehr lange Strecke bis zum Laden, wo wir einkaufen konnten. Also setzten wir die Babys und Heidi auf dem Hinweg in den Leiterwagen, doch  der Rückweg war komplizierter. Die Einkäufe mussten auch in den Leiterwagen und jetzt musste auch die zweijährige Heidi laufen. Sie war aber noch zu klein, wurde müde und weinte. Ich musste meine Nerven zügeln um nicht zu explodieren. 

Zu Hause ging die Folter weiter, denn die Babys waren hungrig und der Brei musste gekocht werden und der furchtbare Herd musste angezündet werden. Es gab nichts Schrecklicheres für mich!
Heidi und Inge schliefen in einem Bett, sie bekamen eine kleine Geschichte erzählt, sobald sie im Bett waren und das war ihr Schlafmittel.
Dann wurden die Windeln eingeweicht und nach dem Abendbrot ausgewaschen.

Die “gute Weile” verbrachten wir beiden Frauen beim Abendessen, da  erzählte Ilse bei Kerzenlicht meistens ihre Erlebnisse während des Krieges in Deutschland. Der war ja noch gar nicht so lange vorbei und sie war Nachrichtenhelferin gewesen......


Inge W.

Dienstag, 6. August 2013

86. Der Ferienort Villa Gesell -3


verdankt seine Existenz einem beharrlichen Utopisten

Aus : „Die Zeit“  1997      Nr. 3

siehe Beitrag  Nr. 77 und  Nr. 82

Heute allerdings säumen auch große Hotels den Strand. Zur Hochsaison planschen mehr als 100 000 Badegäste in der Brandung. Dann verwandelt sich die Avenida 3, die Geschäftsstraße von Villa Gesell, in eine Fußgängerzone, wo sich Abertausende in der glühenden Hitze an Boutiquen und Bistros vorbeidrängen - eine einzige Sommerparty für die Jugend der besseren Kreise aus Buenos Aires.

Dabei hatte alles ganz anders angefangen. Carlos Gesell, der zusammen mit seinem Bruder erfolgreich eine Kinderwagenfabrik betreibt, erfährt 1931, daß südlich des mondänen Mar del Plata ein Stück Land günstig zu haben sei. Es handelt sich um eine schlauchförmige Fläche, die sich an zehn Kilometer Strand mit einer Breite von 1600 Metern erstreckt. Es sind Wanderdünen. Sand, nichts als fliegender Sand.

Gerade das ist es aber, was Gesell fasziniert. Bei seinem letzten Besuch in Europa hat er Ostende besucht, das belgische Seebad in den Dünen, das drüben, in der Alten Welt, gerade en vogue ist. Gut erinnert er sich auch an die Kindheit, die er mit seinem Vater Silvio in einer Schweizer Kommune verbracht hatte. Und war er selbst nicht in der Reformkolonie Eden bei Potsdam seiner Frau Marta begegnet? 

Wie wäre es also, sich nach diesen Vorbildern ein privates Ferienrefugium in Argentinien zu schaffen?

Don Carlos stellt sich den endlosen Strand vor, die Brecher vom Südatlantik und hoch darüber ein Häuschen und ein weiteres für die Beschäftigten seiner Firma Casa Gesell. Im Frühling 1932 bricht er zur ersten Expedition auf. Hunderte von Bäumen will er in die Dünen pflanzen. 

Gegen den Widerstand seines geschäftstüchtigen Bruders beginnt er auch mit dem Bau des Familienhauses, einer hölzernen Pagode, die nach ihrer Fertigstellung im Sommer einsam in den Dünen thront: Rundum gibt es nichts.....


Das erste Familienhaus 

und heute.....

Montag, 5. August 2013

85. Nachtrag zum Fest


Siehe vorigen Beitrag

 Es wäre doch schade, wenn unsere Blog-Leser nicht auch noch diese schönen

 Fotos von unserem Doppelgeburtstag sehen könnten!

Darum hier noch unseren Musiker José mit Gitarre und Mundharmonika,

die Torte auf dem drehbaren Untergestell

und wir Sängerinnen singen






und wir Sängerinnen singen.

Sonntag, 4. August 2013

84. Wir bloggen weiter.....



Über zwei Wochen haben wir eine „Blog-Pause“ eingelegt und warum?

Es gab zwei Geburtstage und viel lieben Besuch. Da fehlte einfach die Zeit, um neue Geschichten zu sammeln und abzuschreiben.

Jetzt soll es weitergehen und wir bitten unsere Leser um Mithilfe. Sicher kennen viele Leser noch mehr Geschichten aus, über und von Villa Gesell.  Bitte schickt sie uns!
Heute berichten wir über einen wunderschönen Doppelgeburtstag, den wir bei unseren Freunden in Cariló gefeiert haben. Sieglinde und Silvio R. sind extra dafür von Buenos Aires gekommen und haben ihr Haus zur Verfügung gestellt.

Renate hat das „Catering“  mit den verschiedensten sehr leckeren kalten und warmen Gerichten übernommen  und die Getränke bereitgestellt, die Alfred, Hildegards Mann, uns servierte.

Dietlindes Tochter Karin hatte eine wunderschöne Geburttagstorte gebastelt, die alle Erwartungen übertraf und eigentlich zu schade zum Anschneiden war. Rundum war der Kanon in Noten zu lesen: „Froh zu sein bedarf es wenig und wer froh ist, ist ein König!“ Das sang natürlich unser unser kleiner Chor ebenso wie unser Geburtstagslied.

Karins Mann “José  sorgte für die musikalische Untermalung und zwar mal mit Gitarre und Gesang, aber auch mal mit Gitarre und Mundharmonika. Beim Gesang half auch mal Rosemaries italienischer Schwiegersohn Enzo und der helle Sopran unserer guten Hildegard.

Rosemaries Tochter Veronica und Gerda fotografierten eifrig.
Es war ein unvergessliches Geburtstagfest!


Rosemarie W., Gerda S.  Dietlinde T.,  Renate v. W., Hildegard K.